Petition zum Bildungsplan 2015

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These 1: Suizidalität bei homosexuell empfindenden Jugendlichen

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Die Forderung nach Verankerung der „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ im Bildungsplan 2015 leitet sich aus den Arbeits- und Positionspapieren der SPD-Landtagsfraktion[1] und der Landtagsfraktion der Grünen[2] ab, aus denen hervorgeht, dass

„die Selbstmordrate von homosexuellen Jugendlichen bis zu 7 mal höher als bei gleichaltrigen Heterosexuellen [sei]. „Wer nicht der Norm entspricht, wird diskriminiert. Das bekommen vor allem homosexuelle Jugendliche an Schulen zu spüren“ führt [die erste stellvertretende Vizepräsidentin des Landtags von Baden-Württemberg, Brigitte] Lösch aus. Bei der Überarbeitung der Bildungspläne sei es deshalb sehr wichtig, mit alten Normen zu brechen und Homosexualität in den Schulbüchern und im Unterricht zu behandeln. „Mit Diskriminierung muss endlich Schluss sein – Respekt für die die Vielfalt von Liebe“ fordert Brigitte Lösch.“[3]

Das SPD-Arbeitspapier „Aktiv gegen Homophobie“ sieht einen engen Zusammenhang zischen Homophobie bzw. Diskriminierung und den Suizidversuchen homosexueller Jugendlicher und bezieht sich auf die Studie Risk factors for attempted suicide in gay and bisexual youth von Gary Remafedi.[4]

Kein Zusammenhang zwischen „Homophobie“ und Suizidialität

Interessant ist, wenn man die Studie zur Hand nimmt und die überraschende Feststellung macht: Die Studie stellt keinen Zusammenhang zwischen Homophobie, Diskriminierung und Suizidversuchen her. Remafadi untersuchte homosexuell und bisexuell empfindende Jungen zwischen 14 und 21 Jahren und fand einen statistischen Zusammenhang zwischen dem Zeitpunkt ihres Coming-out und einem Suizidversuch heraus:

  • Je jünger die Jungen zur Zeit ihres Coming-outs waren, desto höher war die Suizidversuchsrate. Je älter die Betroffenen waren, desto niedriger war sie.
  • Jedes Jahr in dem die Jugendlichen zum Zeitpunkt ihres Coming-out älter waren, senkte deren Suizidrisiko.

Jedes Jahr, bei dem die Personen beim Coming-out älter waren, führte zu einer Abnahme des Suizidrisikos. Coming-out in jungem Alter, führte Remafedi aus, ist ein mögliches Suizid-risiko. Entgegen der Darstellung in „Aktiv gegen Homophobie“, ist die Studie gerade ein Beleg dafür, ein mögliches Coming-out ins Erwachsenenalter zu verlegen und während der Schulzeit davor zu warnen. Der homosexuell lebende Gary Remafedi erklärt:

„die Suizidversuche konnten nicht mit Diskriminierung, der Erfahrung von Gewalt, Verlust an Freundschaften oder der derzeitigen persönlichen Einstellung zur Homo-sexualität erklärt werden.“[5]

Die Jugendlichen gaben als häufigste Einzelursache für den Suizidversuch „Probleme in der Familie“ an, besonders: Eheprobleme der Eltern, Scheidung der Eltern, Alkoholprobleme in der Familie. Homosexuelle Jungen, deren Eltern nicht miteinander verheiratet waren, hatten fast doppelt so häufig einen Suizidversuch verübt, verglichen mit den homosexuellen Jungen, deren Eltern miteinander verheiratet waren! Remafedi belegt zudem einen deutlichen statistischen Zusammenhang zwischen Suizidversuch der Jungen und sexuellem Missbrauch. Er belegt auch einen Zusammenhang zwischen Suizidversuch und Therapie wegen Drogen- bzw. Alkoholabhängigkeit. Das alles wird in dem SPD-Arbeitspapier nicht erwähnt.

Zusammenhang zwischen sexuellem Missbrauch und Suizidialität

In „Aktiv gegen Homophobie“ wird auch die Studie von Robert Garofalo[6] aufgeführt. Sie ist entgegen der Behauptung keine deutsche, sondern eine amerikanische Studie.[7] Sie belegt, dass Jugendliche beiderlei Geschlechts, die sich als homosexuell oder bisexuell bezeichnen, häufiger schon einen Suizidversuch verübt haben. Folgende zentrale Ergebnisse der Studie von Garofalo werden in dem Arbeitspapier der SPD-Fraktion nicht dargestellt:

  • Jugendliche, die sich als homosexuell oder bisexuell bezeichnen, haben sehr viel häufiger als andere Jugendliche sexuellen Missbrauch erlebt,
  • sie haben häufiger Geschlechtsverkehr vor dem Alter von 13 Jahren gehabt,
  • sie haben insgesamt schon mehr Sexualpartner gehabt und häufiger in den letzten drei Monaten mindestens drei verschiedene Sexualpartner gehabt.

Beide Studien, Remafedi und Garofalos, mit homosexuellen und bisexuellen Jugendlichen, belegen also einen statistischen Zusammenhang zwischen Suizidversuchen und sexuellem Missbrauch. Weitere Studien belegen übereinstimmend, dass unter homosexuellen Personen die Rate an Suizidversuchen deutlich höher ist als in der allgemeinen Bevölkerung. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Für die These, diese Probleme seien im Wesentlichen durch „Homophobie“, Diskriminierung oder durch eine ablehnende Haltung der Gesellschaft gegenüber Homosexualität verursacht, gibt es bisher keinen Beweis. Vieles jedoch spricht dafür, dass die Probleme intrinsisch sind.[8]

Weiterführende Studien

Nach der Studie von Benjamin Shain hatten mehr als 90 Prozent derjenigen, die in der Jugendphase einen Suizid verübten, zuvor Kriterien, die für eine psychische Erkrankung sprechen. Interessensgruppen, die sich für Suizidopfer einsetzen, warnen davor, Bullying als „Ursache“ für Suizid darzustellen, da auf diese Weise „die zugrunde liegenden psychischen Erkrankungen“ ignoriert würden.[9] Solches Ignorieren kann dazu führen, dass die tatsächlichen Ursachen verdeckt bleiben und Betroffene nicht die Hilfe erhalten, die sie brauchen. Zu dem Themenkomplex Suizidalität und Diskriminierung sind auch folgende Forschungen wegweisend:

In einer bevölkerungsgestützten, repräsentativen Untersuchung aus Dänemark von Robin Mathy war die Suizidrate bei homosexuell lebenden Männern in eingetragener Lebenspartnerschaft achtmal höher als bei heterosexuell verheirateten Männern. Die Einführung einer eingetragenen Partnerschaft stellt eine Maßnahme dar, die die gesellschaftliche Akzeptanz homosexueller Lebensweisen erhöht und damit auch einer möglichen „Diskriminierung“ entgegenwirkt. Diese Maßnahme konnte dennoch im liberal geprägten Dänemark die hohe Suizidalität der homosexuellen Männer nicht positiv beeinflussen, im Gegenteil: sie war besonders hoch. Das unterstützt die Ergebnisse anderer Studien, wonach gesellschaftliche Diskriminierung kein Hauptfaktor in der Entstehung der hohen Suizidalität bei homosexuell lebenden Männern ist.[10] Ein weiteres Beispiel kommt aus den USA. Obwohl dort wohl immer noch die schwarze Bevölkerung eher Diskriminierung erleiden als die weiße Bevölkerung, sind die Suizidraten unter schwarzen Männern konstant erheblich niedriger als unter weißen Männern.[11]


[1] Arbeitspapier der SPD-Landtagsfraktion. 2013. „Aktiv gegen Homophobie – Verankerung im Bildungsplan (Sekundarstufe I+II). “ (zu beziehen hier) martin.mendler@spd.landtag-bw.de

[2] Bündnis 90/Die Grünen: Forderungen für die Umsetzung von zentralen Themen der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN in der Bildungsplanreform 2105, S. 5, in: www.brigitte-loesch.de/politik/schwule-lesben-transgender/Positionspapier_BNE_MdL_17052013_final.pdf

[3] Pressemitteilung der ersten stellvertretenden Präsidentin des Landtags von Baden-Württemberg, Silvia Lösch am 5.05.2013 zu „17.5. – Internationaler Tag gegen Homo- und Transphobie.“ und Mannheimer Morgen vom 9.08.2013, in: http://www.morgenweb.de/nachrichten/sudwest/homosexualitat-als-pflichtstoff-1.1151375?print=true

[4] Remafedi, Gary u.a. 1991. Risk factors for attempted suicide in gay and bisexual youth, in: Pediatrics 87, 6, S. 869-875.

[5] Remafedi 1991:873.

[6] Garofalo, Robert et al. 1998. The association between heath risk behaviors and sexual orientation among a school-based sample of Adolescents, in: Pediatrics 101, 5, S. 895-902.

[7] Aktiv gegen Homophobie, S.1.

[8] Whitehead, Neal. 2010. Homosexuality and co-morbidities: research and therapeutic implications, in: Journal of Human Sexuality II, 2010, S. 124-175, in: http://www.mygenes.co.nz/whiteheadcomorbid10_2.pdf

[9] Shain, Benjamin N. 2007. Suicide and Suicide Attempts in Adolescents, in: Pedeatrics 120, S. 669-676. factsaboutyouth.com/posts/bullying-at-school-never-acceptable/

[10] Mathy, Robin. M. 2011. The association between relationship markers of sexual orientation and suicide: Denmark, 1990-2001, in: Social Psychiatry and Psychiatric Epidemiology, 46, 2, S. 111-117.

[11] African American Suicide Fact Sheet, in: www.suicidology.org/c/document_library/get_file?folderId=232&name=DLFE-241.pdf

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