Teil 2: Geschlechtergerechte Sprache
Bei der Veröffentlichung der Anhörungsfassung des Bildungsplans haben wir eine Checkliste zur Verfügung gestellt, mit deren Hilfe die Anhörungsfassung auf seine pädagogische, verfassungsrechtliche und demokratische Tauglichkeit überprüft werden kann. Mit diesem Post geben wir einen Überblick, in welchen Passagen der Anhörungsfassung Aspekte der „gendegerechten“ bzw. gendersensiblen Sprache“ zu finden sind.
Schwerpunktmäßig untersuchten wir den gemeinsamen Bildungsplan der Sekundarstufe I, also für Haupt-, Werkreal-, Gemeinschafts-, und Realschulen. Einzelne Stichproben haben wir aus dem Bildungsplan der Grundschule und den Gymnasiums vorgenommen. Den Bildungsplan der Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) haben wir nicht unter die Lupe genommen.
- In dem ersten Teil stellen wir dar, wo explizit eine „gendergerechte“, bzw. „gendersensible Sprache“ eingefordert wird.
- Im zweiten Teil geht es um die Hinterfragung sozialer Rollen, Klischees und Vorurteile.
- Zuletzt zeigen wir auf, in welchen Textpassagen der Gender-Begriff überhaupt keinen Sinn macht.
Am Ende des Abschnittes befindet sich ein Kurzglossar zu den Abkürzungen. Die Anhörungsfassungen können hier eingesehen bzw. als PDFs auf Ihren Computer herunterladen werden. Zur Rückmeldeformular des Kultusministeriums geht es hier, zum ersten Teil der Analyse über die (Sexual-)pädagogik der Vielfalt hier. In einem PDF-Dokument haben den Gesamtüberblick über die unterschiedlichen Kompetenzformulierungen nach einem Ampel-System.
1. Geschlechtergerechte Sprache
Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt (BTV) im Fach Deutsch Sek. I
Den unterschiedlichen Themen und Gegenständen des Deutschunterrichts ist gemeinsam, dass es häufig um die Auseinandersetzung mit der eigenen Identität sowie um die Konfrontation mit dem Anderen, die Begegnung mit unbekannten und fiktionalen Welten geht. Dadurch vermittelt der Deutschunterricht den Schülerinnen und Schülern wichtige Perspektiven auf die Lebenswelt und leistet damit einen eigenen Beitrag zur Leitperspektive Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt. (Deutsch Sek. I, S. 5)
Leitgedanken zum Kompetenzerwerb im Fach Deutsch
Sprechen und Zuhören
„Die Kenntnis und Einhaltung kommunikativer Regeln ermöglicht situativ angemessenes Sprechen unter Berücksichtigung eines geschlechtersensiblen Sprachgebrauchs und strebt prinzipiell ein symmetrisches Kommunikationsverhalten an.“ (Deutsch Sek. I, S. 7)
Sprachgebrauch und Sprachreflexion
„Das individuelle, aber auch das gesellschaftliche Selbstverständnis steht in enger Wechselwirkung mit der Sprache, ihren verschiedenen Sprachvarietäten (zum Beispiel Gruppen- oder Fachsprachen, Dialekt) und sprachlichen Prägungen (zum Beispiel Geschlechterstereotype, Sprache als Machtinstrument). Diese vielschichtigen Verhältnisse zu verstehen und zu reflektieren, ist angesichts der zunehmenden Heterogenität der Schüler wie der Gesellschaft eine zentrale Fähigkeit.“ (Deutsch Sek. I, S. 10)
2. Prozessbezogene Kompetenzen (Deutsch Sek. I)
2.1 Sprechen und Zuhören
„Grundsätzlich sind sie bemüht, eine wertschätzende und geschlechtersensible Sprache zu verwenden.“ (Deutsch Sek. I, S. 12)
2.3 Lesen
Textverstehen reflektieren
Schülerinnen und Schüler können „25. sich mit der Darstellung von Lebensentwürfen und Lebenswirklichkeiten in Texten auseinandersetzen (z.B. mit unterschiedlichen kulturellen, historischen, religiösen Hintergründen oder unterschiedlichen geschlechtlichen Identitäten und sexuellen Orientierungen);“ (Deutsch Sek. I, S. 16)
3.2.2.2. Funktion von Äußerungen (Deutsch Klassen 7/8/9)
Sprache und Identität
Schülerinnen und Schüler können „(19) einfache Formen der sprachlichen Zuschreibung von Geschlechterrollen unterscheiden und diskutieren“
Leitperspektive BTV Selbstfindung und Akzeptanz anderer Lebensformen
(Deutsch Sek. I, S. 57)
3.3.2.2. Funktion von Äußerungen (Deutsch Klasse 10)
Schülerinnen und Schüler können
E „(13) Sprache in ihrer Wechselwirkung mit Identität erkennen und beschreiben; den eigenen Sprachgebrauch in seiner Wechselwirkung mit verschiedenen Sprachvarietäten und Kontexten sowie als Möglichkeit des Ausdrucks ihrer Persönlichkeit reflektieren“ (…)
(15) identitätsstiftende wie abgrenzende Funktion von Gruppen, Fach- oder Jugendsprachen vergleichend untersuchen“
BTV Toleranz, Solidarität, Inklusion, Antidiskriminierung
E (18) Formen der sprachlichen Zuschreibung von Geschlechterrollen untersuchen und diskutieren (z.B. generisches Maskulin)
Leitperspektive BTV Formen von Vorurteilen, Stereotypen, Klischees
(Deutsch Sek I, S. 77)
Leitperspektive Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt (Bildende Kunst)
„Bildende Kunst stellt Vorurteile, Stereotypen, Klischees und dogmatische Ansichten grundsätzlich in Frage.“ (Bildende Kunst Sek. I, S. 6)
3.2.1.1 Literarische Texte (Deutsch Klassen 7/8/9)
Texte vergleichen und kontextualisieren
Schülerinnen und Schüler können
GME „(21) vergleichend eigene und literarische Lebenswelten beschreiben und reflektieren (Alterität; auch in Bezug auf kulturelle, ethnische, religiöse und weltanschauliche Prägungen, persönliche Einschränkungen oder Behinderungen, geschlechtliche Identitäten oder sexuelle Orientierungen)“
Leitperspektive BTV Personale und gesellschaftliche Vielfalt, Selbstfindung und Akzeptanz anderer Lebensformen
(Deutsch Sek. I, S. 38)
3.3.1.1 Literarische Texte (Deutsch Klasse 10)
Texte vergleichen und kontextualisieren
Schülerinnen und Schüler können
GME „(24) eigene und fremde Lebenswelten differenziert vergleichen (Alterität; auch in Bezug auf kulturelle, ethnische, religiöse und weltanschauliche Prägungen, persönliche Einschränkungen oder Behinderungen, geschlechtliche Identitäten oder sexuelle Orientierungen)“
BTV Personale und gesellschaftliche Vielfalt
(Deutsch Sek. I, S. 61)
5.3 Geschlechtergerechte Sprache (alle Fächer)
Im Bildungsplan 2016 wird in der Regel durchgängig die weibliche Form neben der männlichen verwendet; wo immer möglich, werden Paarformulierungen wie „Lehrerinnen und Lehrer” oder neutrale Formen wie „Lehrkräfte”, „Studierende” verwendet.
Ausnahmen von diesen Regeln finden sich bei
- Überschriften, Tabellen, Grafiken, wenn dies aus layouttechnischen Gründen (Platzmangel) erforderlich ist. Hier ist je nach Platzangebot zu entscheiden (ggf. auch Schrägstrichlösung),
- Funktions- oder Rollenbezeichnungen bzw. Begriffen mit Nähe zu formalen und juristischen Texten oder domänenspezifischen Fachbegriffen (Marktteilnehmer, Erwerbstätiger, Trittbrettfahrer, Auftraggeber, (Ver-)Käufer, Konsument, Anbieter, Hüter und Gestalter des Marktes, Verbraucher, Zuwanderer, Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Bürger, Bürgermeister (v.a. in Zusammensetzungen: Bürgermeisterwahl, Bürgerbegehren und -entscheid, Bürgerinitiative)),
- massiver Beeinträchtigung der Lesbarkeit.
Selbstverständlich sind auch in all diesen Fällen jeweils Personen jeglichen Geschlechts gemeint. (alle Fächer, hier exemplarisch Deutsch Sek. I, S. 84)
2.Soziale Rollen, Klischees, Vorurteile
2. Prozessbezogene Kompetenzen
2.3 Kommunizieren und sich verständigen (Sachunterricht GS)
Schülerinnen und Schüler können „Geschlechterzuschreibungen und Klischees in Alltag und Medien hinterfragen“ (Sachunterricht GS, S. 36)
3.1.5.1 Individuelle Lebensplanung (Alltagskultur, Ernährung, Soziales Sek. I)
Schülerinnen und Schüler können
GME „(1) unterschiedliche Lebensentwürfe und Lebenswege hinsichtlich Fähigkeiten, individueller Werte, Geschlechterrollen und kultureller Prägungen analysieren“
GME „(4) die Genese der gesellschaftlich beeinflussten Geschlechterrollen darstellen, Gründe analysieren und Zusammenhänge mit der Lebensgestaltung erörtern.“
(E) „(7) eigene Wertvorstellungen und Einstellungen zu Geschlechterrollen erläutern und diese mit ihren biografischen Erfahrungen in Zusammenhang bringen.“
Leitperspektive BO Geschlechtsspezifische Aspekte bei der Berufswahl, Familien- und Lebensplanung
Leitperspektive BTV Personale und gesellschaftliche Vielfalt, Selbstfindung und Akzeptanz anderer Lebensformen
(Alltagskultur, Ernährung, Soziales Sek. I, S. 40)
3.1.5.2 Haushalt und Familie (Alltagskultur, Ernährung, Soziales Sek. I)
Schülerinnen und Schüler können
GME „(4) Rollenbilder und die damit verbundene Arbeitsteilung erörtern und, im Rahmen ihrer Möglichkeiten, ein genderbewusstes Haushaltsmanagement entwickeln (…)
GME (6) die Erkenntnisse aus den oben genannten Teilkompetenzen in handlungsorientierten Aufgabenstellungen umsetzen und die Ergebnisse bewerten“
Leitperspektive BTV Formen von Vorurteilen, stereotypen, Klischees
(Alltagskultur, Ernährung, Soziales Sek. I, S. 40)
Deutsch Sek. I, Medien problematisieren
Schülerinnen und Schüler können
GME „(16) sich mit Gefahren bei der Mediennutzung auseinandersetzen und angemessen und präventiv agieren“
Leitperspektive BTV Formen von Vorurteilen, Stereotypen, Klischees, Toleranz, Solidarität, Inklusion, Antidiskriminierung
(Deutsch Sek. I, S. 26)
3. Der Gender Begriff
Gesundheitsbezogenes Wissen (Alltagskultur, Ernährung, Soziales Sek. I)
Schülerinnen und Schüler können
GME „(1) die Subjektivität ihres eigenen Gesundheitsverständnisses beschreiben (zum Beispiel Genderaspekte, Alter, Behinderungen)“
(Alltagskultur, Ernährung, Soziales Sek. I, S. 24)
3.2.1. Soziokulturelles Orientierungswissen/Themen (Englisch Klassen 7/8/9)
Die Schülerinnen und Schüler können ihre sprachlichen, medialen und interkulturellen Kompetenzen auf der Basis von Kenntnissen in folgenden Themenbereichen anwenden:
(1) die Rolle des Individuums in der Gruppe (zum Beispiel Formen des Zusammenlebens, Freunde, Schulleben, peer groups, gender relations, Identitätsfindung, Freizeitgestaltung, Soziale Netzwerke, Stellenwert des Sports/der Musik, role models – auch als Medienkonstrukte)
u.a. Leitperspektive BTV Personale und gesellschaftliche Vielfalt, Selbstfindung und Akzeptanz anderer Lebensformen, Wertorientiertes Handeln
(Englisch Sek. I, S. 32)
Kurzglossar
GS | Grundschule |
Sek. | Sekundarstufe I (Haupt- Werkreal-, Gemeinschafts-, Realschule) |
G8 | Gymnasium |
BO | Leitperspektive Berufsorientierung |
BTV | Leitperspektive Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt |
G | Grundniveau |
M | Mittleres Niveau |
E | Erweitertes Niveau |
GME | alle drei Niveaus |
FS | Fremdsprache |