Seit einem Monat läuft die Petition, einen weiteren Monat läuft sie noch, bis zum 27.01.2014 – Halbzeit sozusagen. Wir sind über die wachsende Zustimmung zu dem Anliegen, einen ideologiefreien Bildungsplan 2015 für Baden-Württemberg zu erreichen, sehr erfreut. In der „Halbzeitpause der Zeichnungsfrist“, die wir über die Weihnachtstage gehabt haben, haben wir auch kurz innegehalten, wie die Petition in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.
PRO – zunehmende Unterstützung
Die Stuttgarter Zeitung hat vor Weihnachten am 21.12.2013 auf die Petition aufmerksam gemacht mit dem Hinweis, dass das Arbeitspapier aus dem Kultusministerium zur Bildungsplanreform 2015 für Empörung in Baden-Württemberg sorgt.[1] Die Evangelische Landeskirche in Baden hat deutlich gemacht, dass „die Petition grundlegende Sorgen im Blick auf die Leitprinzipien für den Bildungsplan zum Ausdruck [bringt], die von vielen Bürgerinnen und Bürgern geteilt werden.“ Weiter führt der Bildungsreferent der Landeskirche, Prof. Dr. Schneider-Harpprecht aus:
„Die vorgelegten Leitprinzipien stellen ohne Bezug zu einem leitenden Menschenbild einzelne grundlegende politische Forderungen nebeneinander, in denen bestimmte politische Optionen zum Ausdruck kommen. Politische Forderungen können dadurch überhöht werden. So ist z. B. die Berufsorientierung von Klasse 1-12 für mich pädagogisch nicht plausibel. Auch durchbricht meines Erachtens insbesondere die Darstellung des Leitprinzips „sexuelle Vielfalt“ mit einer breiten Darstellung der Inhalte die Systematik des Bildungsplans, der sich sonst auf die Benennung von Kompetenzen beschränkt.“[2]
Die Forderung der Evangelischen Landeskirche in Baden, dass eine „grundlegende Überprüfung, Überarbeitung und Neufassung der Leitprinzipien“ nötig sind unterstützen wir. „Es wäre allen am Bildungsplan Beteiligten damit gedient, wenn die Landesregierung mehr Zeit für die Erstellung und Erprobung einräumen würde,“ so Schneider-Harpprecht.
CONTRA – Gegenwind, aber kein inhaltlicher
Die Gegner der Petition haben sich mit verschiedenen Presseerklärungen und einer teils sehr heftigen Diskussion auf Blogs und Internetforen zu Wort gemeldet. In exegetischer Feinarbeit werden da häufig einzelne Sätze der Begründung auf deren „homophoben“ Inhalt geprüft. Es ist interessant, dass so gut wie keine Auseinandersetzung zu den zentralen Forderungen der Petition stattfindet:
- dem uneingeschränkten Ja zum Wissenschaftsprinzip
- der Übereinstimmung des Bildungsplans mit Grundgesetz und Landesverfassung
- dem Ja zu einer verantwortungsbewussten Sexualpädagogik und dem Erhalt des vertrauensvolles Verhältnisses von Schule und Elternhaus
- dem Ja zu einer Gewaltprävention, die sich gegen alle Formen von Ausgrenzung richtet
- dem Zeichen der Landesregierung, dass Lehrkräfte Baden-Württembergs nicht mit Slogans wie „Schule als homophobe Ort“ stigmatisiert werden.
Obwohl wir nicht müde werden zu betonen dass wir gegen Diskriminierung sind, wird das uns immer neu vorgehalten, Unser Anliegen ist aber dass wir für Toleranz aller unter Diskriminierung leidenden Gruppen sind. Deswegen, darf es nicht auf eine spezielle Gruppe zugeschnitten sein.
Stillschweigen von Seiten der Landesregierung
Laut Stuttgarter Zeitung ist das Kultusministerium „von der heftigen Reaktion auf das Arbeitspapier überrascht.“ Sexuelle Vielfalt sei weniger ein überragendes Thema des Bildungsplans, sondern nur ein untergeordneter Punkt.[3]
Zu den Forderungen der Petition ist bisher weder von Seiten der Landesregierung noch aus dem Kultusministerium etwas zu hören. Der Presse gegenüber wird gebetsmühlenhaft auf den Koalitionsvertrag verwiesen, bei dem sich Grüne und SPD übereinkamen:
„Wir werden baden-württembergische Schulen dazu anhalten, dass in den Bildungsstandards sowie in der Lehrerbildung die Vermittlung unterschiedlicher sexueller Identitäten verankert wird.“[4]
Der Ministerpräsident wurde im Rahmen eines Bürgerempfanges im Kongresszentrum in Altensteig-Wart am 4.12.2013 von einer Dame auf den Sachverhalt der Überbetonung der „Verankerung der sexuellen Vielfalt“ angesprochen. Winfried Kretschmann reagierte unwissend und verwies darauf, dass er Rücksprache mit Kultusminister Stoch halten müsste. Die Frau, die kurz darauf die Frage schriftlich an das Staatsministerium richtete, hat ein Schreiben des Staatsministeriums bekommen, ohne jedoch eine Antwort auf ihre Frage zu erhalten, wieso andere Formen von Ausgrenzung und Diskriminierung keine Aufmerksamkeit erhalten.[5] Offensichtlich ist noch weiterer Bedarf an Aufklärung selbst im Staatsministerium nötig.
[1] Stuttgarter Zeitung vom 21.12.2013.
[2] Stellungnahme der Badischen Landeskirche vom 20.12.2013, in: http://www.ekiba.de/html/aktuell/aktuell_u.html?&cataktuell=&m=10624&artikel=5098&stichwort_aktuell=&default=true
[3] Stuttgarter Zeitung vom 21.12.2013.
[5] Brief des Staatsministeriums vom 19.12.2013, Aktenzeichen III/6510, der uns vorliegt.